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20. Juni 2006
(Sachverhaltsschilderung und keine Anklage)
Am 20.06.2006 ging Malte wie üblich gegen 07.30 Uhr zur Schule.
Er war gut drauf und hat noch fröhlich wie jeden Tag gewunken.
Es versprach, ein schöner Tag zu werden.
In der 5. und 6. Unterrichtsstunde stand Sport auf dem Stundenplan.
Wie wir von einem Reporter wissen, war gegen Mittag das Thermometer auf 31 Grad Celsius bei einer Luftfeuchtigkeit von 98 % gestiegen.
Die von uns (Maltes Eltern) umfangreich über Maltes Erkrankung aufgeklärte Sportlehrerin der KGS Moringen ordnete einen 3000m-Langstreckenlauf für alle Jungen und Mädchen der Klasse 9R2 auf dem außenliegenden Sportgelände an.
Laut Aussagen der Kinder: wer nicht läuft bekommt eine fünf!
Nach etwa 2000m stürzte Malte mit dem Gesicht voran auf die raue Tartanbahn und blieb vor der gleißenden Sonne ungeschützt liegen.
Da die Lehrerin nicht im Besitz eines Handys war (!), schickte sie nach kurzer Wartezeit einen Mitschüler, der allerdings ebenfalls schon 2000m mitgelaufen war, in das ca. 400m entfernte Schulsekretariat um den Notarzt aus Northeim, und nicht etwas einen der vier ortsansässigen Ärzte (!), über Notruf alarmieren zu lassen. Ein anderer Mitschüler besorgte sich von einem Freund ein Handy um mich zu benachrichtigen.
Als ich kurze Zeit nach dem Anruf auf dem Sportplatz eintraf, lag Malte, blutend aus Mund, Nase, in Seitenlage ungeschützt auf dem Teer der Laufbahn. Nur die Lehrerin kniete vor Malte, alle Schüler waren schon weggeschickt worden.
Die Lehrerin sagte, dass der Rettungswagen alarmiert worden sei und sofort eintreffen müsse.
Malte hatte ständig kurze Krampfanfälle mit Unterbrechungen in denen er jedoch selbstständig atmete. Ich gab Malte ein, für solche Fälle verordnetes Notfallmedikament, was jedoch keine Wirkung zeigte.
Die Gefährlichkeit der vorgefundenen Situation richtig einschätzend, wies ich die Lehrerin an, sofort den Rettungshubschrauber aus Göttingen zu alarmieren, da Malte so schnell als möglich ins Klinikum gebracht werden müsse.
Die Lehrerin mach sich auf den Weg Richtung Schulsekretariat (400 m entfernt!)
und nicht zum unmittelbar am Sportplatz gelegenen Umkleidehaus, in dem ein Telefon (selbst geprüft) mit Erläuterung und Kurzwahlmöglichkeit zu den ortsansässigen Ärzten oder zur Notfallleitstelle Northeim, zur Verfügung steht.
Warum ist sie eigentlich ins weit entfernte Sekretariat gelaufen, ist das richtige Verhalten im Notfall an der Schule nie geübt worden??
Es muss doch gerade für Schulen Unfallverhütungs- und Notfallvorschriften mit ergänzenden Übungen geben, deren Ausführungen durch persönliche Unterschrift anzuerkennen sind!
Ich war nun mit dem um sein Leben kämpfenden Malte für etwa 15 Minuten völlig allein auf dem großen Sportlatz – niemand kam um zu helfen, kein Erste-Hilfe-Lehrer mit einem nassen Tuch oder spendete Schatten – nichts!
Irgendwann erschien die Lehrerin wieder an der Unfallstelle und erklärte lapidar, dass nur der Notarzt den Hubschrauber anrufen könne…….
So wurde noch mehr kostbare Zeit verplempert und keine erste Hilfe gewährt
Kurz darauf wanderten drei fröhliche Menschen, die der Kleidung nach wohl das längst erwartete Notfallteam sein mussten, auf dem Sportplatz.
Ich schrie sie quer über den Sportplatz an, sie mögen sich doch bitte beeilen, es gehe um Leben und Tod.
Sie beschleunigten ihre Schritte nur unmaßgeblich.
Bei Malte eingetroffen bestand seitens der sog. professionellen Retter spürbare Unkenntnis über die erforderliche Behandlung. Einer der Rettungsassistenten entschied schließlich das weitere Vorgehen.
Mir wurde himmelangst um meinen Malte und ich untersagte den Leuten mein Kind zu behandeln, ich bat flehentlich darum, sofort den Hubschrauber zu alarmieren.
Die uneinsichtige Antwort, lassen sie uns mal machen, sie sind nur aufgeregt, ließ erstmalig Hoffnungslosigkeit und schlimmste Befürchtungen um Maltes Leben aufkommen.
Das konnte doch alles nicht wahr sein.
Es wurde gespritzt, noch mal gespritzt und wieder gespritzt, ohne Verbesserung des Gesundheitszustandes. Nach weiteren 10 Minuten meinte schließlich die Notärztin wörtlich: „ Dann rufen wir doch mal den Hubschrauber“.
Der war leider jedoch anderer Stelle im Einsatz.
Nach lang ersehnten Eintreffen der Retter aus Göttingen wurde Malte endlich fachmännisch behandelt.
Die erfolgreiche Kreislaufstabilisierung erlaubte nun den Transport ins Uni-Klinikum, wo er mit 41,2 Grad Körpertemperatur und aus allen Körperöffnungen blutend eingeliefert wurde.
Trotz großem Einsatz der im Uni-Klinikum behandelnden Ärzte hat es Malte nicht mehr geschafft aufzuwachen:
Unser lieber Malte ist am 21.06.2006 um 14.06 Uhr verstorben.
Für die Ärzte des Uniklinikums Göttingen war es eine
„unnatürliche Todesursache“.
Wir Eltern sind es Malte schuldig und hoffen inständig dass Todesursache und Umstände, die ursächlich zu Maltes Zusammenbruch führten, aufgeklärt und rechtlich gewürdigt werden.
Maltes sehr trauriger und immer noch fassungsloser Papa
21. Juni:
Gedanken- Gefühle von Mama
Dieser schreckliche Tag, ich werde es nie verstehen und begreifen.
Um 12.00 Mittags ist Malte auf dem Sportplatz zusammengebrochen. Erst um 13.30 Uhr wurde ich im Dienst von der Schule benachrichtigt, mit der Bemerkung, dass alles in Ordnung sei und Malte in die Universitätsklinik Göttingen eingeliefert wurde da er einen epileptischen Anfall gehabt hätte.
Ok, dachte ich, dann war ja die Schule vorsichtig und fuhr nach hause. Dort angekommen, kam mein Mann auf mich zugestürzt, schrie dass wir sofort in die Klinik müssen, Malte kämpft um sein Leben.
Ich verstand nichts.
Malte befand sich 2 Stunden im Schockraum. 3mal kam ein Arzt und fragte uns ob Malte eine Allergie hätte. Wir verneinten jedes Mal.
„Aber was ist dann in Moringen passiert? Warum ist der Junge erst jetzt 1 ½ Stunden später in die Klinik eingeliefert?“ fragte der Arzt.
Ich wusste bis zu dem Zeitpunkt überhaupt noch nicht welche Dramatik sich auf dem Sportplatz zugetragen hatte.
Malte wurde mit einer Körpertemperatur von 41,2 Grad und aus Mund, Nase, Ohren, Darm blutend eingeliefert. Das CT sei in Ordnung, keine Hirnblutungen – woher kam das viele Blut?
Dann wurde Malte auf die Kinderintensivstation der Neuropädiatrie gebracht. Ich wollte zu ihm. Ihn sehen, trösten, seine Hand halten. Nein, durfte ich nicht. Ich sollte den Aufzug benutzen.
Wieder verstand ich nichts.
Auch auf der Intensivstation durften wir nicht zu unserem Sohn.
Warten, warten, warten. Ca. 8 Ärzte mit erstem Gesichtsausdruck standen um Maltes Bett herum. Es war keine Hektik in dem Raum. Man sah sie beratend um das Bett stehen.
Um uns kümmerte sich niemand. Keiner sprach mit uns, niemand sagte etwas. Ich dachte nur, die werden es schon wissen, es sind doch Ärzte.
Jan und Sören sind nach Haus gefahren. Mein Mann und ich durften dann kurz zu Malte. Er war unter einer Kühldecke, man versuchte sein Fieber zu senken. Ich sah seine Beine, mein Gott, sie waren ganz lila- warum?
Warum war der Bauch so dick? Überall Schläuche. Die Ärztin sagte, sie bekommen die Blutungen nicht zum stillen. –
Wir mussten wieder aus dem Zimmer.
Wir haben die ganze Nacht auf der Station gewartet. Nichts, nichts wurde gesagt. Abwarten. Keiner sagte, ob Lebensgefahr besteht, sie wüssten es nicht.
Den Gedanken habe ich auch nicht zugelassen. Warum sollte mein Kind sterben? Er war gesund, morgens fröhlich zur Schule gegangen :
“Tschüss Mutti, bis nachher.“
Diese Worte waren die letzten, die ich von meinem Kind gehört habe.
Am anderen Morgen teilte man uns mit, dass Maltes Organe in der Nacht versagt haben. Man habe ihn an einer künstlichen Niere angeschlossen, auch die nehme er nicht an. Dann hat man ihn im tiefen Koma versetzt, um eventuelle Schmerzen auszugrenzen. Es sollten noch einige Medikamente ausprobiert werden und wir müssten einige Wochen Klinikaufenthalt einplanen.
Ich war geschockt. Hatte Angst, dass Maltes Gehirn durch diese vielen Medikamente geschädigt sein konnte.
Und sie sagten uns zu Anfang Malte ist ein junger gesunder Mensch: „das bekommen wir wieder hin.“
Ich sagte, dass ich unter diesen Umständen nach Hause fahre, meine Sachen hole und ins Elternhaus der Klinik einziehe, damit ich immer in der Nähe von meinem Sohn bin.
Ich war geschockt. Hatte Angst, dass Maltes Gehirn durch diese vielen Medikamente geschädigt sein konnte.
Und sie sagten uns zu Anfang Malte ist ein junger gesunder Mensch: „das bekommen wir wieder hin.“
Ich sagte, dass ich unter diesen Umständen nach Hause fahre, meine Sachen hole und ins Elternhaus der Klinik einziehe, damit ich immer in der Nähe von meinem Sohn bin.
Gerade zu Haus angekommen, klingelte das Telefon, der Professor rief an wir sollten sofort kommen, sie schafften es nicht mehr, es ginge zu Ende.
Ich habe nur geschrieen – verstanden habe ich es immer noch nicht – nicht mein Sohn.
Maltes Brüder weinten, schrieen: „Mama, mach doch was, Malte kann doch nicht einfach so sterben.“ Sie flehten die Ärzte an, doch endlich etwas zu unternehmen. Sören wollte Malte aus dem Bett reißen, mit nach Hause nehmen. Dort gehöre er hin und dort wird er leben.
Es war sehr schlimm, was sich dort im Krankenzimmer abspielte. Alle Ärzte, Schwestern weinten. Jeder war ergriffen. Keiner verstand was da geschah.
So schnell…. zu schnell!
Für mich war das alles ein Alptraum. Ich verstand nichts – gar nichts. Ich kam mir vor wie ein Zuschauer, welcher alles durch einen Schleier hinweg beobachtete.
Malte ist eines unnatürlichen Todes gestorben und wir als Eltern sollten es aufklären, das wären wir Malte schuldig, sagten die Ärzte danach.
Wir saßen 2 Stunden zusammen. Mein Kind lag im Nebenzimmer.
A l l e i n !
Ich wusste nicht, dass ich alle Zeit der Welt hatte,
um mich von meinem Sohn zu verabschieden
Warum sagte mir das denn keiner?
Ich wusste es doch nicht!
Es tut so weh……!